Schwester Rachel Feller ist neue Priorin in Tutzing

Ausreichend gefordert

Tutzing – 56 Mitschwestern im 1904 errichteten Tutzinger Kloster der Missionsbenediktinerinnen steht die neue Priorin vor. Voll innerer Freude tritt Schwester Rachel Feller ihr Amt an und löst damit Vorgängerin Ruth Schönenberger nach achtjähriger Amtszeit ab. „Gewählt wird man“, erläutert die 59-Jährige, „stets auf fünf Jahre, die dann verlängert werden können.“

An die Gestade des Starnberger Sees war die gelernte Krankenschwester als junge Frau aus Marburg gekommen, wo sie auch aufgewachsen ist. Was ihr am Kloster der Missionsbenediktinerinnen besonders gefallen hatte, war das Chorgebet, das singende Beten, das sie bereits aus ihrer Heimat kannte. Es überrascht nicht, dass sie seit Jahren nicht nur Chorleiterin, sondern auch Vorsängerin ist. „Alles Aufgaben, die mir stets innere Freude schenken.“

Freude empfand sie auch, berichtet sie strahlend, bei den Benediktinerinnen in Dresden, einem relativ kleinen Konvent, in dem sie gleich nach der Wende 18 Monate lang im Hospizdienst tätig war. „Diese Zeit war für mich prägend und gleichermaßen schön.“ Dass Menschen sie dort auf der Straße ganz unvermutet  ansprachen und wissen wollten, ob sie denn „echt“ sei, oder vielleicht doch statt ins richtige Kloster in einen Film gehöre, überraschte sie nicht. Schließlich sind die Menschen dort gewöhnlich eher etwas kirchenfremd. 

Vielfältige Aufgaben erwarten die bescheiden, aber doch zielbewusst wirkende Ordensfrau in den nächsten Jahren – im Konvent und außerhalb. Gefragt sind die Schwestern unter anderem als Juristin, Seelsorgerin oder Ärztin. 

Auf ganz anderem Gebiet wurde der Konvent jüngst aktiv, als er sich bereiterklärte, der politischen Gemeinde bei der Unterbringung von Flüchtlingen großzügig unter die Arme zu greifen. Kurzerhand überließen die Schwestern ihre Klosterwiese der Gemeinde, die dort zeitnah Unterkünfte für 100 bis 150 Geflüchtete errichten wird. Gebaut werden Container-Wohnungen, was erst durch die Unterzeichnung eines fünf Jahre geltenden Pachtvertrags mit Option auf Verlängerung möglich wurde. 

Dass Schwester Rachel schon zuvor als Cellerarin tätig war, kommt ihr in ihrer neuen Tätigkeit als Priorin zugute. „Um die damit verbundenen Verwaltungsaufgaben stemmen zu können, habe ich praktische Betriebswirtschaft nachlernen müssen. Aber das war zu schaffen“, erzählt sie.

Für einen erfüllten Alltag, der um sechs Uhr beginnt, ist es wichtig, für jede der Schwestern den Bereich zu finden, wo diese erfüllt ihrer Arbeit nachgehen kann. Dabei muss auch auf die Neigungen der einzelnen geschaut werden. „Wir versuchen, jede dort einzusetzen, wo sie sich wohlfühlt“, erklärt die Priorin. 

„Nachdem bei uns im Haus ganz verschiedene Altersstrukturen von 40 bis 100 Lebensjahren zu finden sind, müssen die täglich anfallenden Aufgaben so verteilt werden, dass jede sich noch ausreichend gefordert, aber nicht überfordert fühlen kann“, sagt sie. Wichtig ist Schwester Rachel darüber hinaus, dass im Kloster ein ausgeglichenes, bereicherndes Miteinander gepflegt wird. Etwas, das den Missionsbenediktinerinnen im Tutzinger Kloster bisher gelingt.

Renate Reitzig

16.04.2023 - Bistum Augsburg